Kritik am Untersuchungsbericht zum Grenfell-Unglück

Nach der Veröffentlichung des Untersuchungsberichtes zum Grenfell-Unglück in London haben mehrere deutsche Feuerwehren und Vereinigungen Kritik an den Inhalten geäußert. Dabei wird eine grundsätzliche Überprüfung von Einsatztaktiken bei Großeinsätzen nicht in Frage gestellt. Als fragwürdig bewertet wird jedoch, dass im Kontext der baulichen Mängel des Gebäudes eine Fokussierung auf das Vorgehen des Feuerwehr schnell von den eigentlichen Ursachen ablenken kann.

Wie berichtet war ein Ergebnis der Untersuchung, dass die Opferzahl bei einer früheren Evakuierung des Gebäudes wahrscheinlich geringer wäre. So seien die Einsatzleiter der Londoner Feuerwehr nicht für solche Situation ausgebildet gewesen. Die Rede ist von systemischen Fehlern bei der Einsatztaktik.

Unverständnis bei vfdb und DFV

In einer gemeinsamen Veröffentlichung äußern vfdb und DFV Ihr Unverständnis:

„Mit Unverständnis haben die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) und der Deutsche Feuerwehrverband auf die Vorverurteilung der Londoner Feuerwehr im Zusammenhang mit dem Brand des Grenfell Towers in London reagiert. Bei der Katastrophe waren vor zwei Jahren 72 Menschen ums Leben gekommen. In zahlreichen Berichten wurde der Feuerwehr wegen angeblich schwerwiegender Fehler „systematischer Natur“ unter Berufung auf den vorab bekannt gewordenen Untersuchungsbericht Mitschuld am Tod zahlreicher Menschen gegeben. „Es ist kaum zu glauben, dass man angesichts der schlimmen Baumängel an und in dem Gebäude zu einem solchen Schluss kommen kann“, kommentierte vfdb-Vizepräsidentin Dr. Anja Hofmann-Böllinghaus den Bericht.

In der zitierten Untersuchung werde zwar eingeräumt, dass sich das Feuer an dem Gebäude wegen einer Fassadenverkleidung aus leicht entzündlichem Material so rasch habe ausbreiten können. Dennoch werde der Feuerwehr eine Mitschuld an der Katastrophe gegeben und kritisiert, dass die Feuerwehr auf eine solche Katastrophe nicht vorbereitet gewesen sei. „Es erscheint geradezu absurd, für ein solches, nicht vorhersehbares Unglück im Nachhinein die Feuerwehr mitverantwortlich zu machen“, betonte Anja Hofmann-Böllinghaus. „Stattdessen sollte gefragt werden, welche Behörden schon lange vorher von den eklatanten Baumängeln gewusst und nichts unternommen haben. In den letzten Jahrzehnten ist staatliche Kontrolle auch in Großbritannien weitgehend privatisiert worden. In diesem Zuge mussten auch Feuerwehren Aufgaben abgeben – diese politischen Entscheidungen kann man aber jetzt nicht im Nachhinein den Feuerwehren zur Last legen.“

Auch DFV-Präsident Hartmut Ziebs äußerte sich befremdet über das Medienecho auf den Untersuchungsbericht, der erst am (heutigen) Mittwoch offiziell bekanntgegeben wurde. „Unsere volle Solidarität gilt den Londoner Feuerwehrkameraden“, erklärte Ziebs. „Selbstverständlich ist es zulässig und auch notwendig, Feuerwehreinsätze zu kritisieren, um gegebenenfalls Schlüsse für künftige Einsätze zu ziehen. Hier jedoch wird der Eindruck erweckt, von den wirklichen Fehlern und den Schuldigen an dem schrecklichen Unglück ablenken zu wollen.“

Quelle: DFV
Titelbild: Bradsky53 auf Twitter

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